❗ Rückzahlung von Ausbildungskosten nur bei eigener Schuld am Misserfolg
Wenn Arbeitnehmer*innen eine vom Arbeitgeber finanzierte Ausbildung nicht erfolgreich abschließen, stellt sich oft die Frage: Muss man die Kosten zurückzahlen? Der OGH hat dazu nun eine wichtige Entscheidung getroffen – und Arbeitnehmerrechte gestärkt.
👉 Zur Entscheidung im RIS
Was war passiert?
Eine in Serbien ausgebildete Pflegekraft absolvierte in Österreich eine zusätzliche Ausbildung zur diplomierten Gesundheits- und Krankenschwester. Der Arbeitgeber übernahm die Kosten – unter der Bedingung, dass sie bei Abbruch oder Nichtabschluss die Kosten (5.400 €) zurückzahlt. Die Arbeitnehmerin bestand jedoch zwei zentrale Prüfungen nicht und schloss die Ausbildung nicht ab. Der Arbeitgeber kündigte sie später und verlangte das Geld zurück – gestützt auf eine Rückzahlungsvereinbarung und das Schadenersatzrecht.
Was sagt der OGH?
Der OGH stellte klar: Eine Rückzahlungspflicht besteht nur dann, wenn derdie Arbeitnehmerin schuldhaft den Erfolg der Ausbildung verhindert hat. Und das ist nicht automatisch der Fall, wenn eine Prüfung nicht bestanden wurde.
„Schuldhaftes Vereiteln“ liegt nur dann vor, wenn sich derdie Arbeitnehmerin nicht ausreichend bemüht hat – etwa zu wenig gelernt hat, obwohl es möglich und zumutbar gewesen wäre. Bloßes Unvermögen, z. B. wegen gesundheitlicher oder geistiger Gründe, reicht nicht aus. Ein „Blackout“ in der Prüfung, Sprachbarrieren oder Stress zählen ebenfalls nicht automatisch als Verschulden.
Und: Der Arbeitgeber trägt die Beweislast. Er muss also konkret nachweisen, dass sich derdie Arbeitnehmerin nicht genug bemüht hat. Allgemeine Behauptungen oder pauschale Zweifel reichen nicht. In diesem Fall hatte die Frau zu den Prüfungen angetreten und gelernt – konkrete Hinweise auf mangelnde Vorbereitung lagen nicht vor. Damit konnte der Arbeitgeber seine Klage nicht durchsetzen.
Was ist mit der Rückzahlungsvereinbarung?
Die Vereinbarung war sittenwidrig und unwirksam (§ 879 ABGB), weil sie auch eine Rückzahlungspflicht für den Fall vorsah, dass der Ausbildungsabbruch nicht verschuldet war. Das widerspricht geltendem Arbeitsrecht: Arbeitnehmer*innen müssen sich nur bemühen – einen garantierten Erfolg schulden sie nicht.
Außerdem betonte das Gericht, dass der Arbeitgeber das Risiko trägt, geeignete Personen für Ausbildungen auszuwählen. Wer also jemanden schult, der am Ende nicht besteht, kann sich das nicht einfach vom Arbeitnehmer zurückholen, wenn dieser sich redlich bemüht hat.
Fazit für die Praxis:
Rückzahlungspflichten gibt es nur bei eigenem Verschulden am Misserfolg.
Der Arbeitgeber muss das nachweisen können.
Pauschale Rückzahlungsvereinbarungen, die auch unverschuldete Misserfolge erfassen, sind ungültig.
Das Urteil bringt damit Rechtssicherheit – und schützt Arbeitnehmer*innen vor unfairen Rückforderungen bei Ausbildungen, die nicht wie geplant enden.